Besser kann die Situation eigentlich nicht sein: Wir jammern ein wenig über unsere aktuelle Situation aber wir denken positiv in die Zukunft. Das sind die besten Voraussetzungen, um eine positive Entwicklung vorherzusagen. Wir sind noch im kalten Frühjahr aber träumen vom Sommer. Wer die Zukunft positiv sieht, der gestaltet sie positiv. Der Markt ist eine psychologische Achterbahn. Wenn alle denken, das wird gut, dann wird es gut. Die selbsternährende Prognose. Das ist der Grund, warum heute so viele Chartanalyse-Modelle erfolgreich sind. Wer Negatives in einem Aktien-Chart entdeckt, der verkauft. Wenn viele es so sehen, dann verkaufen viele. Ganz unabhängig davon, ob ein solches Unternehmen gute oder schlechte Zahlen schreibt – das Urteil der Menschen im Markt ist unbarmherzig. Und darin liegt die Herausforderung, den Boom-Markt und dessen Niedergang zu erkennen: Es geht darum, die Schmerzgrenze der Menschen frühzeitig zu erkennen. Denn in der letzten Phase herrscht nur noch reiner Glaube, dass alles gut wird. Spätesten dann muss man aussteigen – am Gipfel ohne Sauerstoff angelangt geht dem Markt die Luft aus.
Aber wann ist das genau? Genau um die Antwort dieser Frage kümmert sich das Team des Club of Economy seit 1993 – also seit 17 Jahren vor diesem Start der ersten offiziellen Veröffentlichung. Der Club präsentiert den COEIX – Club Of Economy IndeX. Ausgesprochen Cö-Ix. Daher heisst es jetzt in medias res: Nach einer beispiellosen Aufholjagd seit Frühjahr 2009 deuten die Indikatoren aktuell eine Seitwärtsbewegung an. Während die aktuelle Lage nach wie vor einen steilen Flug nach oben unternimmt, bildet sich bei den Erwartungen ein Gipfelknick aus. Prinzipiell ist daraus noch nicht negatives zu sehen. Die beiden vorherigen Boom-Zeiten (1995 bis 2000 und 2003 bis 2007) wurden von jeweils 3 Angriffswellen in der Erwartung der Zukunft geführt. Der Wert der aktuellen Erwartung für die Zukunft ist vergleichbar hoch mit 2004. Die Einschätzung der aktuellen Lage hingegen ist stärker. Das könnte auf eine stabile Entwicklung hindeuten. Lassen Sie uns aber einen Blick auf die Indikatoren im Detail werfen und sie auch erklären.
Der COEIX-01 trägt den Arbeitstitel „Slow Walzer“. Er ist geglättet und bewegt sich in stabilen kreisförmigen Linien. Die Ausprägung dieser Linie zeigt auch die Stabilität bzw. Stärke seiner Indikation an. Sein Momentum. So kann man unten im Bild rechts (und dort wiederum rechts unten im Eck) die klare Bewegung der Jahre 2007 (orange Spitze), 2008 (violett) und 2009 (grün) erkennen. Der kleine grüne Pfeil markiert die aktuelle Position im Juli 2010. Im Bild links sehen Sie den aktuellen Wert auf der KonjunktuHr des Clubs aufgetragen. Man erkennt, die Stellung des Indikators ist für sich alleine betrachtet noch abwartend aber zum zweiten Mal in Folge in der Aufschwungzone. Betrachtet man dazu die Gesamtbewegung, so deutet alles auf eine stabile und kräftige Erholungsphase hin. Diese Bewegung kann man mit 1992, 1993 und 1994 vergleichen. Doch da ist eine kleine Warnung versteckt: Damals endete die Bewegung 1995 und der Markt drehte sich erst einmal seitwärts ab. Da der COEIX-01 gerade erst den Aufschwung bestätigt, ist also Vorsicht geboten. Aber: Der COEIX-01 für sich alleine trägt nicht alle Wahrheit. Sein Spitzname drückt aus, dass er ein recht träger Indikator ist. Er zeigt in einem langfristigen Trend dessen Stärke bzw. Momentum an. Er zeigt in guten Zeiten das Negative frühzeitig an. Für ihn waren streng genommen nur die Jahre 2006 und 2007 Boom-Zeiten. Der Rest war Aufschwung. Interessant: Mitte 2007 zeigte er durch Abriss des Schwungs ein klares Verkaufssignal an. Kurz gesagt: Der Aufschwung ist offenbar da, ist stabil und uns geht es etwas positiver als 2005. Das Momentum sieht aktuell stabil aus.
Der COEIX-02 trägt den Spitznamen „running duck“ oder auch „quick human chaos“. Er drückt die gesamte aktuelle Gefühlswelt der Menschen aus: Was meinen Sie? Wie wird es in 6 Monaten? Auf diese Frage erhalten Sie immer wieder unterschiedliche Antworten. Mal mit mehr Optimismus, mal mit mehr Pessimismus. Im Moment ist die Erwartung der Menschen wieder ganz klar auf Boom-Zeit ausgelegt. Täuschen können sich die Menschen selten: Wenn sie meinen, dass es gut wird, dann wird es gut, weil sie der Meinung sind, dass es gut wird. Das Vertrauen der Menschen ist eindeutig gestärkt. Dieser Trend kann nur dann gebrochen werden, wenn unerwartet sehr schlechte Nachrichten die Runde machen. Das müssen dann aber auch schon nachhaltig enttäuschende Meldungen sein. Normale schlechte Nachrichten werden von den Menschen als solches nicht mehr negativ registriert: Buy on bad news ist manchmal auch ironisch gemeint. Negativ war nun schon zu lange aktuell, jetzt ist negativ out und positiv das neue Pink. Sorge bereitet alleine die Geschwindigkeit, mit der die Krise überwunden wurde. Vom Beginn von Panik, Chaos und Krise Anfang 2008 bis zur neuen Boom-Fete haben die Menschen ganze 30 Monate benötigt. Das ist aber in der Historie nicht ungewöhnlich: Von Ende 2001 bis Ende 2003 waren es nicht einmal 24 Monate und der neue Schwung startete durch. Kurz gesagt: Wir erwarten schon wieder Boom-Town, können es gar nicht abwarten und springen ohne hinzuschauen vom 10 Meter Brett. Hoffentlich ist genügend Wasser im Pool. Vergleichbar – wenn auch nicht mit dieser Geschwindigkeit – ist die Situation mit Q1/Q2 2006. Das war beim letzten Boom die letzte Vorstufe davon.
Der COEIX-XP ist ein experimentaler Index. Er soll nicht in die Wertung aufgenommen werden. Zwar war er schon 2006 und 2007 in der Lage den Abschwung 12 bis 16 Monate im Voraus vorherzusehen. Aber seine Zusammenstellung ist noch zu neu. Er ist eigentlich auch ein Paradoxon: Eigentlich langsam und gleitend gerät er in manchen Momenten in kurzen Zuckungen und leitet radikale Wendemanöver ein. Wie gesagt: Es ist ein Experiment und trägt den Spitznamen Tango. Temperament hat er, gerade bei einem Blick in die Historie wird dies deutlich. 1999 signalisierte er eine klare negative Trendwende. Es folgte der kurze BILD-Boom der vom Tango erneut im September 2000 mit einem klaren Todessignal geküsst wurde. Ähnlich 2006 und 2007: Der Tango markierte Ende 2006 und das ganze 2007 klare Abschwung-Vorhersagen, die dann 2008 ihre Erfüllung fanden. Anfang 2009 erkannte Tango eine Änderung zum guten und nun 2010 ist er zum dritten Mal in Folge der Meinung ein Boom steht in den nächsten 12 – 14 Monaten bevor. Wir wollen dies hier nicht bewerten. Er ist ein Experiment, wir werden sein Verhalten studieren.
Die Wirtschaftsuhren allein für sich sind sehr interessant und spiegeln die aktuellen Werte der Indikatoren wieder. Um eine vollständige Analyse zu machen, muss man aber wissen, aus welchen Regionen die Werte zu uns gekommen uns. Ein Wert in der Mitte, der von unten aus der Krise kommt macht Hoffnung. Umgekehrt hingegen ist die Krise nicht mehr weit. Mal ist das Glas eben halb voll und manchmal halb leer. In Teil 2 des Beitrags geht es um den Chart der COEIX-Werte. Dazu kommen die Prognosemodelle, die Kritik am ECTI WLI und ein Schlussfazit zur aktuellen Erwartung.
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