Altkanzler Helmut Schmidt symbolisiert das alte Deutschland inklusive dem dritten Reich. Er ist als kleiner Soldat deswegen nicht schuldig gewesen, aber sein Denken nach Ausgleich der Schuld ist noch heute davon verfolgt.
Das ist auch richtig so, denn darum wurde der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt geschichtlich gese-hen eines der einfluss-reichsten Regierungschefs, die Deutschland je hatte.
Sein Denken passte in die Zeit seiner Regierung. Wir als Kinder der 70er Jahre waren gut aufgehoben in einer Zeit der schmidtschen Regierung. Die Zeit des kalten Krieges auf der einen Seite, die Öffnung und Annäherung an den kommunistischen Irrtum im Osten Deutschlands auf der anderen Seite. Es war ein heißes Spiel auf der Bühne der Diplomatie.
Schmidts Deutschland
Er hatte es nicht leicht: Er übernahm die Erbschaft von Brandt, kämpfte gegen Strauß, Kohl und Barzel von außen und gegen Wehner und Brandt von innen. Aber es zeichnete Helmut Schmidt aus, die Schlachten gewonnen zu haben. Bis auf die letzte Schlacht, bei der die eigene Partei aus reiner Opportunität die Gefolgschaft verweigerte. Ähnlich wie Schröder war Helmut Schmidt in der Partei nicht wirklich geliebt. Aber im Gegensatz zu Schröder ist Schmidt bis heute ein beliebter Staatsmann geblieben.
Doch nun ist es Zeit, zu widersprechen. Schmidt fordert von uns, Europa dieselbe nicht-hinterfragte Gefolgschaft zu leisten wie er und nach ihm Kohl es taten. Alles mit der Begründung der deutschen Geschichte. Doch Schmidt und wohl auch Kohl haben hier den Wandel nicht mitbekommen: Die Generationen haben sich geändert. Wer den Krieg direkt miterlebt hat (das Ende war 1945) ist heute 70 Jahre oder älter.
Erziehung in Demut und Schuld
Wir als nachfolgende Generation hatten lange in den Schulen gelernt, dass man nicht so offen stolz auf die eigene Abstammung sein darf. Wegen eben jenem schlimmen Krieg mit jenen Gräueltaten. Man darf nicht missverstehen, es geht nicht um das Leugnen. Es geht darum, dass man Menschen nicht mehr ständig mit einer sogenannten Erbschuld drohen kann. Weder die Deutschen noch die Juden der heutigen Zeit hassen sich, stehen sich feindlich gegenüber noch haben sie Berührungsprobleme. Das mögen die Erwachsenen und Alten haben, nicht aber die jungen und im Leben stehenden Menschen. Das Tragische: Der Antisemitismus ist geschichtlich gesehen überhaupt kein deutsches regionales Problem. Das macht es ihm so einfach, im Rest von Europa und in den USA ungehindert fortzuschreiten.
Die Hunnen vor der Tür
Genauso ist es mit Europa. Großbritannien hat sich viele Jahre einen Jux daraus gemacht, die Deutschen mit den Worten Panzer, Teutonen und Blitzkrieg zu ärgern. Aus der Verklemmung der Erziehung, die Schande der Altlast nicht zu vergessen, hat das Mittel lang genug gewirkt. Inzwischen ist es ein britisches Problem der Reflexion der Wirklichkeit.
Irgendwann wurde man um 2005 in Europa dieser Tatsache überdrüssig, und forderte die Deutschen auf, endlich wieder selbstbewusst zu werden. Wieder stolz zu sein, Deutscher zu sein. Ohne dass man gleich an Nazis denken würde. Ja dass man auch endlich wieder Schwarz-Rot-Gold als Fahne und Gesichtsfarben nutzen würde. Die Jugend war damals schon Vorreiter und so war das Farbenmeer und die Freude der Deutschen bei der WM 2006 für Europa zeitweise unverständlich und dann mit Freude betrachtet worden.
Europa braucht wieder Deutschland
Nun aber ist es wieder eine Krise, die durch Europa geht. Deutschland steht gut da, weil wir – zum Leidwesen unserer Nachbarn – wieder mal tüchtig waren. Die dummen fleißigen Deutschen. Wir sind so die nahezu uneingeschränkte Wirtschaftsmacht Europas geworden. Wie die britischen Medien sagen würden: „Führer Deutschland hat den Endsieg ohne Blut gewonnen. Heil Merkel und ihre schmutzigen Hunnen und Teutonen.“ Humor ist auf der Insel manchmal so herrlich erfrischend Schwarz und so oft so unendlich ermüdend flach.
Jetzt kommen also wieder die alten Plattitüden über die hässlichen Deutschen und deren Schuld aus dem zweiten Weltkrieg. Stukas von links. V1 und V2 der Herrn Wernher von Braun von rechts. Panzer rollen durch die Mitte. Es macht weder wütend noch ist es lustig. In Deutschland hat man endlich gelernt, seinem eigenen Selbstbewusstsein zu erlauben, diese Dinge zu ignorieren. Im Gegensatz zu der im Ausland verbreiteten Meinung interessiert man sich hierzulande nicht mehr über die Meinung über die Deutschen im Ausland. Böse gesagt: Was kümmert es die Eiche, wenn sich ein Schwein daran reibt.
Keine Rückkehr zum alten Deutschland
Man kann nicht beide Deutschen haben: Zum einen die humorvollen, lockeren und lustigen Deutschen, die getrieben ohne einen Führer dummerweise fleißig sind und zum andere bitte wieder die ängstlichen und schüchternen Deutschen, die vor lauter Scham jede Rechnung Europas zahlen. Egal wie der Preis ist.
Nein, Alt-Kanzler Helmut Schmidt. Deutschland muss sich nicht davor fürchten, dass Europa Angst vor Deutschland haben wird. Das ist die Rhetorik des alten Europas mit einem ehemaligen Nazi-Deutschland. Deutschland heute ist ein selbstbewusster Staat mit Lebensfreude aber auch mit der Verantwortung der eigenen Geschichte gegenüber.
Aber Deutschland sollte nicht wieder in die Angstpsychose der Weltkriegsschuld verfallen. Das wollen unsere europäischen Nachbarn nicht, auch wenn sie es sich wünschen. Was Deutschland braucht ist eine Regierung, die mit Europa kooperiert aber auch bestimmt den eigenen Weg zeigt. Deutschlands Weg aus einer Ruine heraus zu einem modernen Industriestaat mag nicht das Beispiel für Europa sein. Aber es ist an der Zeit, gewisse deutsche Maßstäbe in europäische Regeln zu übernehmen. Kurz gesagt: Wer zahlt, der auch bestimmt. Sanft formuliert: Beiße nicht die Hand, die dich füttert.
Deutschland in der Gegenwart
Kanzlerin Angela Merkel mag da nicht die ideale Besetzung sein. Aber sie ist eine selbstbewusste Frau und die meisten ihrer Kollegen sind politische Männer. Eventuell verstehen ihre Kollegen sie deswegen nicht ganz. Vielleicht macht sie aber alles richtig. Zum Beispiel nicht auf die langweiligen Hahnenkämpfe der alten Regierungschefs zu hören. Nicht auf das platte Gerede der meisten Medien einzugehen.
Man muss nicht auf das fachlich dumme Geschwätz einer EU-Kommission hören. Diese Kommission ist nicht Europa, sondern ihre sich selbst liebende Institution ohne Wert. Einfach mal geduldig warten und dann die eigen Meinung vorzutragen.
Nein Herr Schmidt. Das Deutschland der heutigen Zeit ist ein anderes geworden. Es ist jünger geworden. Internationaler und lebendiger. Die Jugend Europas studiert an den Universitäten Europas. So gesehen sind die Grenzen außerhalb der Politik schon längst geöffnet worden. Deutschland braucht also keine Angst mehr haben, das man in Europa Angst vor Deutschland hat. Europa ist sich selber näher als es glaubt.
Club of Politics.
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