Das ist interessant: Das Geld des Bürgers verschenkt der Staat ohne Angst vor dem Bürger zu bekommen. Eine Steuer auf Finanztransaktionen hingegen fürchten alle europäischen Regierungen.
Auch die britische Regierung fürchtet diese Steuer, obwohl sie jene Steuer schon seit Jahrhunderten kennt. Obwohl das Volk von der Finanzwirtschaft kaum profitiert.
Man sieht: In der Politik haben sich die Verhältnismäßigkeiten und Ängste verschoben. Volk und Wähler – obwohl in der Mehrheit – werden nicht mehr gefürchtet.
Eine Hand voll Banker hingegen bringen Politiker angstvoll zum Handeln. Gibt es da ein Druckmittel oder nur eine gierige Lobbypolitik?
Das Verfassungsgericht als politischer Buhmann
Nun soll also das Gericht darüber entscheiden und mit jeder möglichen Entscheidung das eigene Schicksal als Schuldiger annehmen: Stimmt es für den ESM, dann würde damit manifestiert, dass ein Staat für die Schulden anderer Staaten gerade stehen muss, deren Vergabe er nicht bestimmen konnte. Das wird den Markt beruhigen und später nochmals – entbunden jeglicher Verantwortung – sinnlos entfesseln. Aber es wird gleichzeitig das Volk und dessen Verfassung de facto entmündigen. Die Politik kalkuliert hier ganz klar die Schwächung des Bundesverfassungsgerichts mit ein. Dieser Nebeneffekt wird dankend mitgenommen.
Warten auf den Präzedenzfall
Und achten Sie auf das zweite Übel: Man kennt die Politik. An einen solchen Präzedenzfall wird sich jede Regierung heranpirschen und noch weiter auslohten, wie viel geht. Man wird es noch weiter ausdehnen, bis die Verfassung nur noch wie ein Anachronismus aus der Gründerzeit wirkt.
Wird das Gericht gegen den ESM entscheiden, dann wird der Finanzmarkt kollabieren. Alleine um damit zu demonstrieren wie wenig Wert der Finanzmarkt auf Rechtstaatlichkeit, Demokratie und die freie Gesellschaft legt. Der Finanzmarkt wird seine Aktien und Optionen in den eigenen begrenzten Markt hineinwerfen und aus Trotz keine Staatsanleihen erwerben. Virtuelle Werte werden wertlos und warten auf virtuelle Käufer.
Mancher Staat wird finanzielle Engpässe erleben, die eine oder andere Bank wird trocken gehen. Doch es wird immer ein Happyend geben, denn: Da der Finanzmarkt am Ende immer wieder Geld verdienen muss, wird er die billigen Werte danach wieder zurückkaufen. Nach dem Crash ist vor dem Boom. Liberalistisch formuliert: Die Bank, die das nicht überlebt, ist zu schwach. Volkstümlich formuliert: Nur die Harten kommen in den Garten.
Wo bleibt der Wutbürger, wo der Präsident
Dafür aber werden Volk, Wähler und Verfassung im Crash von der Politik über die Europäer zu einer wertlosen Einheit verschmelzen: Man muss sie nicht mehr fragen und eine Verfassung braucht man dann auch nicht mehr. Das sind die Anfänge einer zentralistisch gesteuerten Mischkultur aus Demokratie mit Kaufcharakter und gelebter Oligarchie. Der dann neu boomende Finanzmarkt geht als Sieger hervor. Wenn Sie nicht wissen, wie das endet, dann schauen sie nach Russland und in die Ukraine: Das Volk als nörgelnde Tatsache am Rande, man gebe ihm Brot und Spiele.
Was macht der Bundespräsident?
Es bleibt die Frage: Wo steht der Bundespräsident? Wo steht Joachim Gauck?, Er, der sich als Anwalt des Volkes und der Freiheit versteht. Belässt er es dabei, Merkel mit einem Nebensatz zu rügen? Belässt er es bei der Verweigerung der Unterschrift unter dem Gesetz, weil ihn das Verfassungsgericht darum bittet? Oder erkennt er den Ernst der Situation? Hat er die Stärke, einzuschreiten oder sieht er sich selber nicht in der Verantwortung?
Bundesverfassungsgericht versus Politik
Fazit: Es wird schwer sein für das Gericht, eine Entscheidung zu treffen. Realistisch betrachtet muss es zwischen dem Übel und dem Bösen wählen. Es gerät damit in die Schuldrolle hinein: Politik und Finanzwirtschaft haben versagt, nun soll das Gericht entscheiden. Wie es auch entscheiden wird: Es wird für alle die gefühlte Schuld an den Folgen tragen.
Auch wenn das Gericht selber keinerlei Schuld trägt. Die Politik will es in diese Schuld drängen. Doch das ist bewusst von den Politikern gewollt: Man wird bei jeder Entscheidung auf das Verfassungsgericht verweisen. Die Politik wird die Rolle des Verfassungsgerichts schwächen.
Wir hoffen auf die Weisheit des Bundesverfassungsgerichts: Das Volk und die Verfassung, darum geht es in der deutschen Verfassung, das ist die Sache. In dubio pro reo. Frei:
Im Zweifel für Volk und Verfassung.
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