Griechenland ist hoch verschuldet. Das ist nichts Neues. Und eigentlich so schlimm auch nicht. Japan ist über das BIP (Brutto Inlandsprodukt) doppelt so hoch verschuldet. Aber Japan schafft Werte und ist Gläubiger von Nationen wie den USA. Griechenland hingegen ist kein Gläubiger von jemandem. Es ist sogar noch schlimmer. Man hat kaum in echte Werte angelegt – außer in den eigenen Grenzen.
Hinzu kommt, dass Griechenland für die Bürger als Nation wohl nur dann existiert, wenn es erfolgreich ist. Wenn man zum Beispiel unerwartet Fußball-Meister in Europa wird. Dann sind alle Hellas und entdecken das Wir! In Deutschland herrscht beim Griechen um die Ecke Hochkonjunktur mit Ouzo für die guten Freunde.
Planung der Abhängigkeit
Ansonsten aber herrschte in Griechenland offensichtlich lange Zeit das Ego und die Frage, wie ich jemandem was geben kann, damit er mir etwas dafür gibt. Oder wie führe ich einen anderen Menschen in eine gewisse Abhängigkeit, damit ich diese wieder einklagen kann. Den guten Ouzo gibt es eben nur für die guten Freunde. Kurz: Wie hoch ist der Preis des Nachbarn. Welche Abhängigkeit bringt mich weiter.
Fakelaki der Medizin
Eines der Worte in der griechischen Sprache für hörig machende Abgaben ist Fakelaki. Was für uns Deutsche nach Fäkalie klingt, bezeichnet in Wirklichkeit und im wahrsten Sinne des Wortes einen kleinen Umschlag. Das Wort hat sich eingebürgert, weil es in Griechenland vor vielen Jahren zu einer festen Gewohnheit geworden ist, dass man einem anderen Menschen einen kleinen Briefumschlag (mit hoffentlich wertvollem Inhalt) zuschob. Ursprünglich war das Ganze als kleines „Danke Schön“ am Ende einer gemeinsamen Aktion gedacht. Heute ist es ein oftmals erwarteter Türöffner.
Die Empfänger solcher Fakelaki waren anfänglich Ärzte. Man dankte für gute Behandlung und später erhoffte man eine solche. Das eher dürftige und schlecht versorgende medizinische System Griechenlands förderte ein solches Verhalten. Später kamen dann noch Polizisten und Lehrer als Empfänger von vorweihnachtlichen Gaben hinzu. Heute ist es wohl jede Gruppe, die auf Grund ihrer Entscheidung mehr oder weniger über das Schicksal anderer entscheidet. Dass hierzu 2010 der griechische Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos erklärte, er habe noch nie ein Fakelaki gegeben und würde dies aus Überzeugung auch nie tun, zeigte seine Vertrautheit mit diesem Thema.
Täter und Opfer in einem Boot
Inzwischen gibt es auch Menschen wie den Mediziner Jannis Varvarigos, die mutig und offen über das System sprechen. In den Interviews wird deutlich, dass Täter und Opfer häufig die Rollen vermischen und tauschen: Zum einen gibt es Personen, die eine Bestechung fordern und zum anderen wird die Bestechung verabreicht. Eine Ablehnung würde zu der falschen Annahme führen, der Preis wäre höher.
Leben auf der Insel
Andere Tatsachen sind die Steuererhebungen auf den touristischen Inseln. Um die Besteuerung der Einnahmen festzulegen, war jeder griechische Lokalbesitzer dazu verpflichtet worden, eine funktionierende Kasse zu benutzen, die von den Bons auch sofort eine Kopie erstellte. Es war als Ende der handgeschriebenen Rechnungen gedacht. Der Umsatz sollte erfasst und dann ordentlich versteuert werden. Also alles zur ordnungsgemäßen Berechnung der Umsätze und deren Besteuerung.
Umsatz ohne Steuern
Mit der Handzettel-Wirtschaft hatten die Griechen ihre eigene Gesellschaft lange genug ausgehöhlt und Steuern in unbekannter Höhe eingespart. Doch die Kassensysteme waren relativ schnell nutzlos geworden. Die Polizei auf den Inseln treibt die Steuer ein und wenn die Umschläge gut genug sind, dann lässt sich das mit dem Umsätzen auch regeln. Das Ego ist wieder wichtiger als das Wir.
Veröffentlicht man all diese Dinge, dann reagieren die Menschen zwiespältig. Die Optimisten sprechen von Pauschalisierung und von Vorurteilen. Jenen muss man dann aber die Frage stellen, warum Umsätze, Steuern und Zahl der Besucher auf den Inseln des öfters nicht kongruieren. Warum Steuereinnahmen überhaupt derart ausbleiben? Es ist leider die Wahrheit: Nicht wenige griechische Bürger haben den eigenen Staat systematisch betrogen. Dabei sei die Frage erlaubt, in wie fern diese Menschen Griechenland wirklich als ihre Gesellschaft anerkennen, pflegen und schützen. Und man kann es zynischer formulieren:
Europa zahlt die Fakelaki
Das Fazit sei nüchtern und trocken: Warum sollten europäische Steuerzahler etwas erhalten helfen, dass der griechische Bürger eh nicht als schützenswert empfindet. Es geht ihnen nicht um Hellas, es geht um das eigene ich. Am lautesten sind die Betrüger, die sich selber betrogen fühlen. Dass die eigenen Politiker sie betrogen haben sollen ist dabei nur ein weiterer ironischer Beitrag im Sumpf der eigenen Fakelaki.
Fortsetzung folgt.
Club of Politics.
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