Liberale Politiker leiden aktuell unter dem Problem der Professionalität.
Man wirbt um neue Wähler (die alten sind davon gelaufen) und hofft auf eine Wende aus dem Tal der Tränen. Ein Lindner als Hoffnung.
Doch sobald man meint, dass Morgenluft zu erahnen wäre, da kommt ein liberaler Politiker daher und trampelt wie eine Herde Wasserbüffel wahllos durch den Raum der Hoffnung und zerdrückt jegliche Keimlinge der möglichen Wende.
Wie im Falle Schlecker: Eigentlich hatten sich die Bundesländern entschieden, dass man ohne Sachsen und Niedersachen eine Bürgschaft für die Auffanggesellschaft geben könnte. Damit keiner mehr als vereinbart bürgen muss, hatte sich Baden-Württemberg bereiterklärt die Ausfälle der Sachsen und Niedersachen selber zu tragen.
Die Falle der CSU
Man hatte sich somit in den Parametern geeinigt, die allgemein vereinbart waren. Es war also kein Problem, zuzustimmen. Und selbst wenn dem nicht so wäre: Dann hätte man merken können, dass die CSU der FDP die Falle bereitet hatte. Worum es geht? Der bayrische Wirtschaftsminister Martin Zeil lehnte den Antrag für Bayern ab und so kommt es nicht zu einer Auffanggesellschaft für die in jedem Falle 11.000 gekündigten Menschen.
Gerade in Zeiten, wo die FDP um ihr schlechtes Image kämpft, darf ein Rechtsanwalt einer Privatbank den Ruf der eigenen Partei verletzen. Sein beruflicher Status unterstützt bei Bürgern und Medien die nun folgende Schelte. Neudeutsch: Das FDP-Bashing. Man mag einwenden, dass er ja nun korrekt gehandelt hat. Und wenn schon: Man muss als kleiner politischer Partner nicht freiwillig in jedes Messer laufen, dass einem aufgezeigt wird.
Seehofers geschicktes Handeln
Der bayrische Ministerpräsident Seehofer hingegen hat es geschickt gemacht. Er wollte wohl selber nicht wirklich zustimmen. Doch warum soll man sich unbeliebt machen, wenn es da den in Bayern ungeliebten Koalitionspartner FDP gibt. In diese Falle hat sich Martin Zeil manövrieren lassen und seiner Partei schweren Schaden zugefügt. Es war von vorn herein klar, dass seine Ablehnung ein breites Publikum finden würde.
Und trotzdem hat er sich so entschieden und ist in das Messer gelaufen. War es Arroganz? Was es Unwissenheit? Oder hat sich einfach nur ein Hobbypolitiker von einem Profi wie Seehofer abkochen lassen? Denn: Dass die CSU jede Gelegenheit nutzt, den Koalitionspartner FDP zu schaden, das ist kein Geheimnis mehr. Die CSU will bald wieder allein in Bayern regieren. Ohne die ungeliebten Liberalen.
Bayrische Sonntagsfrage
Bittere Wahrheit: Martin Zeil hatte zu Recht entschieden
Nun soll man ja nicht einen einzelnen Menschen dafür verurteilen, dass er eventuell das Richtige gesagt hat. Denn sind wir doch ehrlich: Wenn ein Laden wie Schlecker schlecht wirtschaftet und seine Leute knechtet, dann ist die Insolvenz die richtige Folge daraus. Eine Auffanggesellschaft dafür ist eine wertlose und nur nett verpackte politische Sache auf Kosten der Bürger. Den Schlecker-Frauen ist damit nicht geholfen.
Zeil: Wirtschaftlich richtige Entscheidung
Man will doch nur diese Konkursmasse damit stützen, indem man ihm die Entlassungen durch eine Auffanggesellschaft erleichtert. Das ist weniger ein Geschenk für die Mitarbeiter als mehr für die, welche noch etwas aus der Masse holen wollen. Aber die Politiker machen aktuell auf sozial und da passt die Story so gut: Wir machen eine Auffanggesellschaft für die Frauen von Schlecker und können damit werben gehen. Nutzen und Sinn einer solchen Gesellschaft wurden da bisher von Bürger und Medien nicht hinterfragt.
Gewerkschaft: Doppelmoral
Selbst Gewerkschaftschef Bsirske spricht mit doppelter Moral. Vor Monaten noch forderte er auf, Schlecker wegen der schlechten Arbeitsbedingungen zu boykottieren. Nun ist Schlecker pleite und er kritisiert die FDP für deren Ablehnung bezüglich der Bürgschaft.
Bedeutet das im Umkehrschluss, dass demnächst alle Läden, die Herr Bsirske boykottieren lässt und die dann (nicht nur wegen Bsirskes Boykott) Pleite gehen, sofort mit dem Steuergeld der Bürger verbürgt werden müssen? Ist das nun billige Polemik oder einfach nur Dummheit? Glauben wir Bürger derartige Worte, nur weil der Autor den Titel der Gewerkschaft an der Stirn kleben hat?
Was ist mit den kleinen Unternehmen?
Man muss auch hinterfragen, warum die Länder mittelständischen Unternehmen in Not Kredite verweigern, aber bei großen Pleiteunternehmen sofort bereit sind mit Millionen Steuergelder zu bürgen. Das ist ein Unverstand. So gesehen hat Herr Zeil der Sache nach richtig gehandelt. Er hat nach Gewissen und bestem Wissen entschieden. Aber es war halt taktisch unklug. Und Politik hat nicht viel mit Wissen und Gewissen zu tun. Das mag nun Kritik hervorrufen, aber Realpolitik tickt nun mal so. Und vor allem: Wir Bürger ticken so und lassen uns auch gerne von den Medien vorschreiben, was wir denken sollen.
Der Bürger: Ein Gefangener der Vorverurteilung
Denn der Bürger ist offenbar nicht in der Lage zu differenzieren und zu reflektieren. Man läuft dem Bsirske hinterher und verurteilt den Zeil und dessen Partei. Das ähnelt dem Fall des ehemals Tatverdächtigen 17 jährigen jungen Mann aus Emden. Er wurde verdächtigt, ein 11 jähriges Kind umgebracht zu haben. Aber Tage später zeigte sich seine Unschuld.
Doch das hat die Bürger nicht davon abgehalten, Lynchjustiz und schwerste Drohungen und Beleidigungen vor Ort und im Netz auszusprechen. Nun ist der junge Mann wieder frei und was sagen die Menschen jetzt? Sorry, war nicht so gemeint? Eine Vorverurteilung wie einst im Wilden Westen. Darüber sollten wir allen nachdenken und uns selber hinterfragen. Wollen wir die politische Lüge oder fachlich richtige Entscheidungen? Wollen wir Vorverurteilungen oder der Wahrheit eine Chance geben?
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