Eine Sensation könnte sich in der deutschen Parteienlandschaft andeuten. Vermehrt wird in der medialen Pressewelt Deutschlands über eine neue Partei spekuliert und entsprechende Zahlen prognostiziert: Eine Partei rechts der CDU im Bereich der rechts-liberalen konservativen Wählerschaft. Während das Magazin „der Focus“ schon mit 20% Stimmen rechnet stützt auch die Bild am Sonntag eine Sinnhaftigkeit einer solchen neuen Partei durch das Zitieren des Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner. Und für viele ist klar: Friedrich Merz und Roland Koch stehen hinter dieser Idee. Viele inzwischen zurückgetretende CDU-Politiker werden damit in Verbindung gebracht. Und als wenn das noch nicht reicht: Die CSU müsste dann sogar einen Konkurrenten in Bayern fürchten. Was sich nach einem Politthriller in bester Hollywood-Stil anhört, könnte bald Wahrheit werden. Denn zu dicht und zu intensiv ist inzwischen die Spekulationsdichte.
Laut Umfragen aus den Medien könnte eine Partei rechts der Union aktuell auf Basis der vielen Nichtwähler dieser Gruppe aus dem Stand 20% holen. Es ist eine Prognose mit vielen Unwegsamkeiten und Wenn und Abers. Die Idee ist interessant und soll uns daher in den nächsten Wochen als mögliches Zukunftsszenario begleiten. Dem einen ist es ein Horrorfilm der andere glaubt an die konservative Revolution. Mancher glaubt gar den roten Faden einer sich in Gründung befindlichen Partei von Friedrich Merz und Roland Koch zu erkennen. Die vielen Rücktritte prominenter CDU-Politiker seien ein klares Zeichen.
Eine Partei Rechts der Union wäre ein Konkurrent und eine Alternative zur Union. Das Lager der liberalen, konservativen und katholischen Gruppen leidet seit Jahren unter Angela Merkels lagerlosen Kurs. So gesehen ist die heutige Union nicht schwarz sondern grau mit ein wenig rötlichem Schimmer. Der Grund, warum sich die Union aktuell immer noch leicht vor der SPD hält. Dieser Segen ist ein Fluch. Denn durch das Anwachsen der Nichtwähler im konservativen Lager baut sich ein gefährlicher Sturm auf. Es macht wie eben schon erwähnt das Gerücht die Runde, Friedrich Merz und Hessens noch-Ministerpräsident Roland Koch gründeten eine liberal-konservative Partei und bekämen 20% Stimmen.
Doch so einfach holt man in Umfragen keine 20%. Zum Beispiel kalkulierte Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner bei seinen 20% mit der Teilnahme von Politikern wir Karl-Theodor zu Guttenberg und Joachim Gauck. Das ergibt so kein realistisches Rechenmodell. Wer solche Zahlen aufstellt, der muss ein realistisches Szenario aufbauen und dann den Rest der deutschen Parteienlandschaft interpolieren:
Wie sähe dann die politischen Landschaft aus? Welche Wechselwirkungen wären zu erwarten? Wir haben unser Prognose-Modell entsprechend präpariert und die Unwegsamkeit des rechten Lagers versucht aufzuflechten. Die Zahlen daraus sind eher als grobe Verhältnisse zu sehen als sie eine Prognose zu nennen. Eine Partei zu wählen, die es de facto (noch) nicht gibt, kann bei Prognosen keine sauberen Ergebnisse erzielen. Es bleibt eine Vermutung.
Die 20%-Werte werden nicht umsonst von konservativen Medien kolportiert. Es ist Stimmungsmache und Werbung für eine solche Idee zugleich. Böse Zungen sprechen davon, dass die Herren und Damen im Hintergrund so die Parteigründung vorbereiten wollen. Das ist wie mit dem Schokoriegel. Die Werbung wird vor der Veröffentlichung des Schokoriegels gestartet, damit das Volk der konsumenten aufgeheizt wird. Es ist ein psychologischer Engpass des nicht kaufen Könnens, weil der Supermarkt das Produkt noch nicht führen kann. Erscheint es dann, macht es Plopp und so wird meist ein medienwirksamer Boom losgetreten.
Zur Analyse: Es gäbe Nichtwähler der Union, Wähler der Union und auch wohl einige wenige Wähler der Grünen, die diese neue Partei wählen würden. Wir nennen diese Partei einfach RECHTS. Aber das könnte auch dazu führen, dass auf dem linken Flügel eine Konzentration in Richtung der Sozialdemokraten erfolgt und die Linke ex-SED dadurch geschwächt würde. Der linke Wähler neigt dann wieder dazu bei einer Gewinnerpartei zu sein, die auch agieren und regieren könnte. Das ist nach wie vor das Manko der Linken. Aktuell wären das erst einmal nicht viele, aber für die Linke als kleine Partei dennoch spürbar. Eine sehr grobe und nur als Anschauung gedachte Übersicht sehen sie in den Grafiken vorher und im Folgenden. Die SPD wäre die stärkste Partei. Doch das wäre noch kein Grund zur Freude. Man muss ja auch noch einen Regierungpartner finden.
Aktuell würden FDP und Piraten außerhalb des Bundestags Platz nehmen. Mit Union und Rechts gäbe es einen großen rechten Block. SPD und Grüne könnten eventuell eine Regierung bilden. Es käme rechnerisch natürlich auch noch eine Koalition von SPD, Union und Rechts in Frage. Doch eine neue RECHTE müsste dies als Wählerschutz eigentlich ablehnen. Dann wäre es Zeit für Fantasie:
Die Union wäre in der Zwickmühle: Attackiert sie die neue Rechte und riskiert weitere Abwanderungen, dann gäbe es eine Koalition zwischen Union, SPD und Grün. Oder umarmt sie der Konkurrenten, dann bliebe nur die Opposition. Denn: Weitere Rechts-Mitte Parteien gibt es nicht. Das ist die Krux des rechten Lagers.
Dazu kommt noch der Spezialfall Bayern. Eine Abspaltung von der CDU hat de facto nichts mit der CSU zu tun. Sie ist eine eigene Partei, die nur in Bayern antritt. Dazu kommt noch: CDU und CSU schlossen einst einen Burgfrieden: Die CSU tritt nicht bundeweit an und die CDU hält sich aus Bayern heraus. Es ist kaum anzunehmen, dass eine liberale Rechte sich aus Bayern heraus halten würde. Jetzt würde es für die CSU zu einem Horrorszenario werden.
Eine solche Partei muss überall Stimmen sammeln gehen. Das wäre dann aber ein Generalangriff auf die CSU, der tödlich wirken könnte: Eine CSU würde in Bayern weitere Stimmen an einen Konkurrenten verlieren. Damit würde sie bundesweit möglicherweise an der 5% Hürde scheitern. Noch ist das kein Drohszenario, verfügt sie aktuell über alle 45 Direktmandate. Ganze 3 wären mindestens notwendig, um den Fraktionsstatus zu erreichen. So gesehen ist da noch Luft zum Leben. Was aber würde passieren, wenn sich die liberale Rechte in Bayern aus ehemaligen CSU-Politikern bilden würde? Dann könnte es für die CSU in Bayern eng werden. Die nächste Frage wäre logischerweise dann, ob die CSU sich dazu entschließen würde, bundesweit anzutreten. Wäre das aus dem Stand heraus überhaupt wirtschaftlich und logistisch machbar? Die Spaltung im rechten Lager wäre komplett.
Die FDP wäre in diesem Szenario das eigentliche Hauptopfer und kaum einer würde bei diesem Szenario davon Notiz nehmen. Denn die Liberalen hätten in einem solchen Szenario ein 5%-Problem. Angesichts einer liberalen rechten Partei blieben der FDP nur noch die links-liberalen Wähler. Jene Wähler hat sie aber schon vor längerer Zeit vertrieben. Die 3% in der Grafik wäre ein Ergebnis, von dem sich die FDP als Partei wohl nur schwer erholen könnte. Denn mit dem Ausscheiden aus dem Bundestag würden auch Geldquellen über Rückerstattungen von Wählerstimmen versiegen. Auch große Sponsoren könnten sich eher der neuen liberalen Rechten widmen.
Für die Piraten würde es wohl kaum eine Veränderung geben. Und würden die vermeidlichen Freibeuter endlich mediale Arbeit leisten, dann könnten sie mittelfristig sogar von dem Chaos und der Umgestaltung im links-liberalen Lager profitieren. Die Linke ex-SED würde sich wohl trotz Lagerverschärfung vorerst halten. Es wären aktuell keine 10 oder 11% mehr möglich, aber über 5% sollten sie sich auf jeden Fall halten können. Aber die Gefahr eines mittelfristigen Bedeutungsverlusts würde anwachsen und könnte zu einer Zerreissprobe führen.
Das Szenario als solches wirkt surreal. Aber es könnte ein realistisches Drama werden. Mit Schill und Statt-Partei gab es schon Ansätze, die gewirkt haben. Leider neigte bisher jede rechte Partei immer wieder dazu, einen einzelnen Protagonisten zu erwählen, statt über die Gruppe zu funktionieren. Ein weiterer Ausdruck dieser recht-liberalen Lücke sind die Freien Wähler, welche nach wie vor instinktiv überregional eine eindeutige Bestimmung suchen. Ein ernsthafter professioneller Versuch hätte Chancen.
Dieses Szenario ist natürlich unvollständig. Wie eingangs schon gesagt: Dies kann keine Prognose sein, weil eine Prognose zu einer virtuellen Partei nicht möglich ist. Dies kann nur ein Gedankenexperiment sein – wenn auch ein interessantes. Beispiel: Wie viel Links müsste die Union opfern? Wie groß wäre das Spaltungspotential in der rechten Ecke wirklich? Konservative Wähler sind keine Revolutionäre. Sie denken an Erhalt und Stabilität. Eine neue Rechte würde diese Werte zum einen unterstützen und zum anderen aber auch durch ihr bloßes Auftreten gefährden. Darin liegt das eigentliche Fazit der Idee: Wie viel Revolution und wie viel Erhaltung ist bei den konservativen Nichtwählern vorhanden. Wie viel Schmerz braucht es, um gegen die Stabilität zu verstoßen. Sollte es wirklich diese Pläne geben, dann könnte demnächst Politik in Deutschland einen zusätzlichen Grad an Spannung bekommen. Das wäre eine positive Seite des Szenarios.
So gesehen: Ihr liberalen Rechten, seit willkommen in Deutschland.
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